Fünf Tage Tokio ‒ verrückt, verliebt, verloren

Mich für fünf Tage im gigantischen Großstadtdschungel Tokios zu verlieren ‒ kulinarisch motiviert, versteht sich ‒, das war mein erster größerer Reiseplan in diesem Jahr. Ein verrücktes Vorhaben ganz nach meinem Geschmack. So verrückt dann doch wieder nicht, schließlich ist Tokio die Stadt für Essbegeisterte wie mich.

Doch allein das nächtliche Lichtermeer über der 40-Millionen-Metropolregion, das sein bezauberndes Schauspiel jeden Abend bei Dämmerung beginnt, ist für mich Grund genug, die Reise anzutreten. Wenige Ausblicke sind für mich so ergreifend wie der aus der New York Bar im Park Hyatt Tokyo. Nur Regisseurin Sofia Coppola ist es gelungen, diese Atmosphäre ‒ genau dort ‒ fotografisch treffend einzufangen. Wenn die Lichter der Hochhäuser abends bis zum Horizont rot zu blinken beginnen, verliere ich schon mal die Fassung und bestelle noch ein Glas Wein.

Daher musste es auch dieses Mal wieder das Park Hyatt sein, welches zwar nicht mit der zentralsten Lage glänzt, aber was heißt schon zentral in einer Stadt wie Tokio? Dafür ist die Atmosphäre im gesamten Haus magisch, der Service phänomenal ‒ unaufdringlich, verlässlich, freundlich ‒ und der 20-Meter-Pool im 47. Stock mit entsprechendem Ausblick spektakulär. Wenn das Wetter mitspielt, kann man vom Hotel aus den Fuji sehen.

Das Park Hyatt hat zudem ein sehr engagiertes und gewissenhaft arbeitendes Concierge-Team. Das ist gerade dann eine wichtige Voraussetzung, wenn man als Ausländer eine kulinarische Agenda in Japan planen möchte. Meine Planung begann Anfang November, zu spät für einige besonders komplizierte Reservierungen, aber früh genug für viele andere.

Meine gastronomischen Ziele waren u. a. einige mir noch unbekannte Drei-Sterne-Restaurants, aber auch einige Lokale für bodenständigere Speisen wie Ramen und Pizza.

Insgesamt 61 E-Mails habe ich mit den Concierges des Hotels ausgetauscht, bis alles in trockenen Tüchern war. Erklären, anfragen, nachfassen, bestätigen, verschieben. Und auch in der finalen Fassung meiner Agenda gab es einige weiße Flecken, verursacht durch einfachere, aber teils sehr populäre Restaurants, in denen man nicht reservieren kann. Ein derartiger Plan grenzt für mich schon an völligem Chaos.


Tag 1 ‒ Feiertag und Jetlag

Am frühen Nachmittag komme ich in Tokio an. Am Flughafen suche ich zunächst panisch mein Portemonnaie und bin mir nach gewissenhafter Prüfung meines Gepäcks schließlich sicher, es zu Hause vergessen zu haben. Es war dort etwas Hektik aufgekommen, als mein Zubringerflug nach Frankfurt spontan gestrichen wurde und ich noch versucht hatte, einen früheren Flug ‒ anstelle des späteren, auf den ich umgebucht wurde ‒ zu bekommen. Da musste dann auf einmal alles ganz schnell gehen.

Angesichts meiner ‒ auch budgetär ‒ umfangreichen Agenda wird es ohne Kreditkarten kompliziert. Eventuell könnte mir das Hotel Bargeld auszahlen, und ich könnte die Hotelrechnung über PayPal begleichen. Möglicherweise muss ich mich aber auch als erstes um irgendeinen umständlichen Overnight-Expressversand aus Hamburg kümmern, um mir meine Kreditkarten zuschicken zu lassen. Während ich die lästigen Szenarien im Kopf weiter konkretisiere, finde ich das Portemonnaie doch noch in einer Ecke meines Handgepäcks. Erleichtert fahre ich ins Hotel. Es ist früh am Nachmittag.

Ich überlege, mich sofort in den Großstadtdschungel zu stürzen. Das Gefühl, irgendetwas zu verpassen, ist in Tokio überwältigend. Doch nach ein paar Minuten Ruhe und der ersten Dusche nach dem langen Flug leitet der Nachmittag bereits sein betörendes Sonnenuntergangsritual ein, dem ich mich in der Lobby des Hotels nicht entziehen kann. Bei einem Glas japanischen Weißweins bleibe ich hier einfach sitzen und warte auf jede neue Farbschattierung hinter den Fenstern.

Mein erster Restaurantbesuch führt mich am Abend ins zweifach besternte Cuisine[s] Michel Troisgros. Der Grund für meine Wahl, am ersten Tag gleich ein französisches Restaurant aufzusuchen, ist simpel: heute ist Montag, dazu ein Feiertag, und die meisten japanischen Restaurants haben heute geschlossen. Hinzu kommt, dass ich nach der langen Reise etwas in der Nähe des Hotels aufsuchen wollte. Das Hotel Grand Hyatt, in dem sich Troisgros’ japanischer Ableger befindet, ist fußläufig erreichbar und daher ideal für den Ausklang meines 32 Stunden langen Tages geeignet.

Die präzise, elegante Küche mit hervorragenden Zutaten kann mich sehr überzeugen, wenngleich ich einen Besuch dort nur unter ähnlichen Rahmenbedingungen wie den meinen empfehlen würde. (Hier der Bericht).

Der Abend klingt schließlich in der New York Bar aus. Es ist wundervoll, wieder hier zu sein. Bei lautem Jazz und ausgeprägter Müdigkeit verschwimmen die Lichter der Stadt am Horizont.


Tag 2 ‒ Mafia und Kugelfisch

Auf Reisen mit einer umfangreicheren Essensagenda beschränkt sich mein Frühstück in der Regel auf einen Espresso und irgendeinen Keks aus dem Repertoire des Hotelzimmers. Mein Mittagessen lege ich dann auf die frühestmögliche Uhrzeit. An diesem Dienstagvormittag fahre ich mit dem Taxi als erstes zu Wagyumafia The Cutlet Sandwich. Hinter dem kriminellen Namen stecken die ‒ nach meinem Wissen nicht kriminellen ‒ Betreiber des Wagyumafia genannten Nur-für-Mitglieder-Restaurants im Stadtteil Roppongi, wo dem exklusiven Mitgliederkreis alle Wünsche um kostbarstes Fleisch erfüllt werden. Eine der Spezialitäten des Restaurants ist ein simples, aber dekadentes Sandwich, das so populär geworden ist, dass man ihm gleich einen eigenen Laden gewidmet hat. Der ist für jeden zugänglich, ganz ohne Reservierung.

Die Speisekarte ist vergleichsweise simpel, hält aber einen kostspieligen Fallstrick bereit, der einem natürlich mitgeteilt wird: Die angegebenen Preise sind in Hekto-Yen angegeben, also mit Hundert zu multiplizieren. Ob dies einem gestalterischen Aspekt geschuldet ist oder einem rein pragmatischen ‒ immerhin ist der Wert eines Yen grob vergleichbar mit dem eines US-Cent ‒ bleibt die Essenz, dass das teuerste Sandwich umgerechnet € 280 kostet. Dafür bekommt man in vielen der besten Restaurants der Welt abendfüllende Menüs.

Ich will es zwar wissen, aber nicht um jeden Preis. Meine Entscheidung fällt daher auf die nur unwesentlich bescheidenere Variante mit Kobe Sirloin, also einem Stück aus dem Roastbeef vom Kobe-Rind, für umgerechnet € 145.

Zunächst wird das Fleisch in einer speziellen Panierung aus verschiedenen Brotsorten kurz frittiert und dann zwischen zwei Scheiben Toast gelegt. Das Brot ist hausgemacht, nur leicht geröstet und mit einer würzigen Paste auf Basis von Soja-Sauce aus Kagawa und Fuji-Essig aus Kyoto eingestrichen. Das Sandwich mit dem Fleisch wird dann ganz akkurat, d. h. mit sauberen Schnittkanten, in vier gleichgroße Stücke geschnitten und zusammen mit deutschen Gewürzgurken der Marke Knax (!), einer eigenen Yuzu-Sauce in Tabasco-Optik und etwas Trüffelsalz serviert.

Das Ergebnis ist sensationell. Die kurze Gaumenfreude, die ich so lange hinauszögere wie möglich, ist unvergesslich gut. Der hohe Fettgehalt des Fleischs macht aus dem Toast ein regelrechtes „Butterbrot“, während die weiteren Zutaten selektiv alle anderen Geschmacksqualitäten ansprechen. Und welche Textur ist angenehmer als eine leicht knusprige? Das obszön teure Sandwich ist jeden seiner vielen Cents wert. (Die Einzelbewertung des Toasts rechtfertigt aufgrund der unglaublichen Qualität des Fleischs sicherlich eine Note 8/10.)

Abends setze ich dann meine Bemühungen fort, mir von Drei-Sterne-Restaurants den Weg weisen zu lassen. Besonders scharf war ich nie auf die Reservierung im Usukifugu Yamadaya. Das altehrwürdige Restaurant ist komplett auf die Zubereitung von Kugelfisch spezialisiert, dem knochigen, notorisch hochtoxischen Meeresbewohner. Dass ich es überlebt habe, ist spätestens hiermit bekannt, alle weiteren Details folgen im separaten Bericht.


Tag 3 ‒ Ginza und Schneekrabben

Mein „Frühstück“ verbringe ich heute in Tokios aktuellstem Drei-Sterne-Restaurant, dem französischen Restaurant L’Osier, welches skurrilerweise von Kosmetikhersteller Shiseido betrieben wird.

Im Luxus-Stadtteil Ginza genießt man im Kellergeschoss einer kleinen Stadtvilla Luxus-Essen während des Luxus-Shoppings (wenngleich Letzteres keine Bedingung ist, um dort einzukehren). Wie luxuriös das alles tatsächlich ist, folgt im Bericht. Aber es sei schon an dieser Stelle verraten, dass nicht alles Gold ist, was glänzt.

Deutlich bereichernder ist meine Reservierung am Abend im japanischen Drei-Sterne-Restaurant Azabu Yukimura. Allein das komplizierte Auffinden des Restaurants ist schon eine kleine Geschichte wert, die im Einzelbericht folgt. Es zahlt sich wieder einmal aus, dass ich in Japan oft mindestens dreißig Minuten vor meiner eigentlichen Reservierungszeit in der Nähe des jeweiligen Restaurants eintreffe. Langweilig ist es ohnehin an keinem Ort der Stadt.

Im Azabu Yukimura geht es heute Abend um Schneekrabbe, ein gigantisches Tier, das man hier bei lebendigem Leib in Stücke zerteilt und über Holzkohle grillt. Mehr über diese Zutat, und über weit merkwürdigere, dann demnächst im Einzelbericht.

Zufälligerweise ‒ in dieser gigantischen Stadt ist das ein wirklich großer Zufall ‒ stolpere ich um die Ecke des Restaurants später über die Bar Gen Yamamoto. Das Lokal ist in der internationalen Bar-Szene ein Begriff. Eine Einkehr hier hatte ich schon immer auf meiner Liste, habe das Vorhaben jedoch noch nie umgesetzt. Als ich spontan eintrete und in der völlig leeren Bar nach einem Platz frage, weist man mich jedoch freundlich, aber bestimmt, zurück. Ohne telefonische Reservierung keine Drinks. Wer wäre ich, hier Einspruch zu erheben. Ich nehme das Thema morgen in Angriff.


Tag 4 ‒ Hitze, Teig und Drinks

Ramen zum Frühstück, Pizza am Nachmittag, besagte Drinks als Aperitif und ein spätes Abendessen im Tempura-Restaurant sind meine Tagesordnungspunkte für diesen Donnerstag.

Noch einmal zahlt sich meine Strategie aus, deutlich zu früh zu einem Restaurant zu erscheinen. Das sehr populäre Ramen-Restaurant Fūunji ‒ keine zehn Gehminuten von meinem Hotel entfernt ‒ öffnet um 11 Uhr. Als ich um 10:35 Uhr ankomme, stehen dort immerhin schon vier Personen. Zehn Minuten später sind es schon fast dreißig.

Doch ich stehe falsch. Ein kryptisches Schild im Eingangsbereich weist darauf hin, dass vor dem Restaurant für genau vier Personen Platz ist. Weitere Personen sollen sich auf der anderen Straßenseite einreihen, um den Durchgangsverkehr nicht zu behindern. Als ich das verstehe, ist es längst zu spät, mindestens sechzig Personen warten inzwischen auf Einlass. Eine Frau aus dem Geschäft kommt auf mich zu und sagt irgendetwas auf Japanisch, mit ungewöhnlich forderndem Tonfall.

Etwas ratlos ‒ und leicht geniert ‒ sehe ich mich um. Offenbar bringe ich das ganze System durcheinander. In Deutschland hätte ich mich jetzt wohl wieder hintenanstellen müssen. Im ordnungsverliebten Japan weisen mir andere Wartende jedoch freundlich meinen „ersten“ Platz auf der anderen Straßenseite zu, also immer noch Platz fünf.

Zur Öffnung des Restaurants pünktlich um elf, bricht erneut kein Chaos aus, sondern geordnete Hektik. Gleich rechts neben der Eingangstür befindet sich ein Automat, bei dem nahezu alle auf dieselbe Taste drücken: „Special Dipping Noodle“ für ¥ 1.000 (ca. € 8). Das passende Kleingeld habe ich parat, ich hatte mich vorher informiert.

Die Spezialität des Hauses, die man als Gegenleistung für das Ticket erhält, das der Automat ausspuckt, ist eine Portion Tsukemen Ramen, eine spezielle Form der auch bei uns inzwischen populären Nudelsuppe. Bei dieser Version werden die (kalten) Nudeln separat zur (heißen) Suppe gegessen, pardon, laut geschlürft. Und während ich laut mitschlürfe und mich darum bemühe, die heiße, salzige, schmackhafte Suppe (6,5/10) nicht versehentlich einzuatmen, stehen schon die nächsten Gäste direkt hinter einem.

Ich benötige knapp neun Minuten für das sehr üppige Mahl, mehrere Stunden Entspannung danach, und muss noch 50 Bahnen Schwimmen, um wieder Appetit zu bekommen. Auf Pizza.Pizza ist das neue Thema in Tokio. Es ist mittlerweile kein Geheimnis mehr, dass es hier ‒ und nicht etwa in Napoli ‒ die besten (neopolitanischen) Pizzen gibt. Wen erstaunt das schon? Wenn sich die Japaner eines bestimmten Themas widmen, dann mit so viel Akribie und Passion, bis es perfekt ist ‒ um dann immer noch verbessert zu werden.


Das Pizza Studio Tamaki (PST) wird derzeit hoch gehandelt, wenn es um Tokios beste Pizza geht. Inhaber Tsubasa Tamaki war zwar selbst noch nie in Italien, gilt aber als ein besonderer Qualitätsfanatiker und Perfektionist. Anderen pizzaioli mit Rang und Namen in der Stadt hat er längst überholt.

Das PST ist ein sehr einfaches Restaurant mit einem kleinen Tresen und einigen kargen Hochtischen. Ich lungere schon zwanzig Minuten vor der Öffnungszeit um 17 Uhr dort herum, da ich mit einem riesigen Andrang rechne. Doch ich bin allein, auch während des Essens.

Ich bestelle eine klassische Pizza „Tamaki“ mit Fior di Latte, Basilikum und Tomatensauce (ca. € 15). Das PST verwendet für den Teig eine Mischung aus japanischem und US-amerikanischem Mehl ‒ offenbar das Ergebnis langjähriger Rezeptforschung. Schon wie der Pizzabäcker den tagelang gegangenen Teig formt, ist ein Spektakel. Mit nicht imitierbaren Handgriffen verwandelt er einen Teigklumpen in eine hauchdünne Scheibe mit fingerdickem Rand, der aus lauter Luftblasen besteht.

Bevor die belegte Pizza dann in den Ofen geschoben wird ‒ eine Eigenanfertigung aus Metall ‒, wirft der Pizzabäcker eine Prise Salz hinein, was dem Teig einen verführerischen Salzgeschmack hinzufügt. Die Pizza selbst benötigt in dem Ofen, in dem Temperaturen von über 500 Grad herrschen, kaum 90 Sekunden, um fertig zu sein. Dabei wird sie alle paar Sekunden vom Pizzabäcker etwas gedreht.

Das Ergebnis ist eindeutig die beste Pizza, die ich je gegessen habe (6,9/10 ist für eine Pizza schon hoch, aber hier gerechtfertigt). Die leicht verbrannten Punkte am Rand sind Erkennungszeichen, kein Makel; der Teig ist irgendwo zwischen leicht knusprig und weich, aber niemals labbrig oder gar gummiartig, die Zutaten hoch aromatisch, der Rand köstlich und luftig, aber nicht kross und zerspringend. Es ist ein Textur- und Geschmackserlebnis, das süchtig macht. Vergleiche mit Neapel stehen mir zwar noch bevor, aber viele Pizzaexperten halten die „neapolitanische Tokio-Pizza“ inzwischen für die beste.

Nach einem ausgedehnten Spaziergang kehre ich zurück zur Bar Gen Yamamoto. Yamamoto-san, ein stiller, bedachter Barkeeper mit weißem Anzug, serviert hier ein sehr leichtes, kreatives Cocktail-Menü mit frischen japanischen Früchten und spannenden Spirituosen. Das einstündige Erlebnis mit sieben Drinks ist leise, ästhetisch und geschmacklich sehr spannend. In der Welt der „Mixologen“ ist diese Bar zweifellos einen Umweg wert.

Das passende Timing meiner gastronomischen Zwischenstopps heute, erlaubt es mir dann noch, zu einem späten Abendessen im Tempura-Restaurant Motoyoshi ausklingen zu lassen. (Hier geht es zum Einzelbericht.)


Tag 5 ‒ Fuji und Kaffee

Der Himmel ist heute sehr klar. Vom Hotel aus sehe ich heute zum ersten Mal ganz deutlich den schneebedeckten Vulkan Fuji am Horizont, Japans höchster Berg.

Mittags habe ich eine Reservierung im Restaurant Florilège, einem kreativen, mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichneten Restaurant im Stadtteil Shibuya. Es wird ein hervorragendes, spannendes Mahl. Der Bericht folgt.

Beim anschließenden Schlendern in der Gegend mit kreativem Flair, stoße ich im Obergeschoss eines Gebäudes auf ein mir bekanntes Logo, das von Blue Bottle Coffee. Die kalifornische Kaffeehauskette, die mir vor allem aus San Francisco in bester Erinnerung ist, serviert hervorragenden Kaffee von nachhaltig produzierten Sorten.

Wenngleich ich die handgefilterten Kaffees von Blue Bottle am liebsten trinke, fällt man Wahl heute auf einen hervorragenden Cappuccino. Atmosphäre, Design, Stimmung, Qualität: hier stimmt alles. Das ist von Starbucks & Co. so weit entfernt wie Kamps von einer Boulangerie in Paris.

Am Abend besuche ich das einzige Sushi-Restaurant auf dieser Reise. Es heißt Harutaka, ist mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet und zählt für viele Sushi-Liebhaber zu den besten Japans. Wie sehr ich diese Begeisterung nachvollziehen kann, erzähle ich später im Bericht.


Tag 6 ‒ Abschied mit Musik

Fünf Tage Japan liegen hinter mir. Fünf Tage, die noch weit mehr beinhalten als dieses kulinarische Exzerpt. Erlebnisse am Wegesrand, faszinierende Details, ein bewegendes Ganzes. Ohne meine kulinarische Leidenschaft wäre ich vermutlich noch nie in Japan gewesen, nun war ich schon ‒ oder erst ‒ das dritte Mal dort.

Der Abschied fällt schwer, ist aber gleichzeitig auch beruhigend und schön. Die Vorstellung, dass sich hier alles so weiterdreht, bis ich das nächste Mal nach Japan aufbreche, erleichtert mich. Am Ende ist es immer nur ein einzelner Entschluss. Eine Buchung, die alles verändert. Japan stellt etwas mit einem an, wenn man dafür empfänglich ist. Die fremde Welt, deren Faszination sich für mich vor allem durch die Spannung zwischen der hochtechnisierten, effizienten Gesellschaft und einer tief verwurzelten Kultur des Respekts und der Ästhetik manifestiert (und natürlich auch in einem gigantischen Spannungsfeld dazwischen, das auf skurrilste Weisen ausgelebt wird, mir aber bisher verborgen geblieben ist), hinterlässt auf ganz besondere Art Spuren bei mir. Jeder Gedanke ist fortan immer auch ein bisschen von Japan untermalt, genau wie die mysteriösen elektronischen Klänge der Band Air in Coppolas Film. Durch meine kulinarischen Reisen ist Japan ein Stück weit zum Soundtrack meines Lebens geworden. Ein Stopp-Taste habe ich noch nicht gefunden.