Bei Klaus zu Haus
Hamburgs bestes Restaurant mag das Haerlin im Hotel Vier Jahreszeiten sein, doch Hamburgs exklusivste Hochküche gibt es im Stadtteil Eimsbüttel. Man kann dort allerdings keinen Tisch reservieren, denn es handelt sich hierbei gar nicht um ein Restaurant, sondern um die heimische Küche meines guten Freundes Klaus.
Klaus ist kein „Hobbykoch“, sondern Privatkoch aus Leidenschaft. Wenn man ihn abends anruft, steht er mit sehr großer Wahrscheinlichkeit am Herd und macht etwas zu essen. Ob das für ihn allein ist oder für mehrere Gäste – Klaus scheut weder Wareneinsatz noch Mühe. Selten gibt es hier weniger als drei Gänge, und immer sind diese elaboriert, höchst einfallsreich und wohlschmeckend.
Rehrücken? Noch irgendwo im Kühlschrank. Ein Stück vom Iberico-Schwein? Müsste auch noch da sein… Foie Gras? War die jemals aus? Überflüssige Fragen, genauso wie die nach eiskaltem Champagner und einer ohnehin hochkarätigen und großzügigen Weinbegleitung.
Das Erstaunlichste dabei ist, dass er die Gerichte scheinbar mühelos aus dem Ärmel schüttelt. Wofür Andere (z. B. ich) Stunden an Vorbereitung benötigten, hat Klaus irgendwie immer etwas Passendes parat – sei das ein Fond, ein Krokant, ein Pulver, ein Püree oder eine zufällig am Vortag zubereitete Farce. Gleichwohl sind seine Kreationen kein Zufallswerk, sondern durchdachte Speisen, die gefallen.
Ein Menü bei Klaus an einem beliebigen Werktag sieht dann bspw. so aus, dass er zum Auftakt eine kurz gebratene Gänseleber auf Karottenzweierlei mitAmarettoschaum, Bitterschokoladen-Lollipop und Popcorn serviert. Die Möhren passen mit ihrer ganz leichten Süße hervorragend zur perfekt gebratenen Foie Gras, und das texturelle Spiel mit Popcorn funktioniert hier ebenfalls ganz hervorragend. Das macht Freude, ebenso wie der weiße 1996 Château Smith Haut Lafitte, der auch phänomenal zum nächsten Gang passt.
Die sautierten Jakobsmuscheln auf blanchiertem Rucola-Haselnuss-Spinat an lauwarmer Salatjus (die Klaus separat angießt) überraschen mit einer gefälligen Bitterkeit des Salatextrakts, in Kombination mit einer leichten Schärfe der Chilifäden und einem guten Hauptprodukt. Das ist sehr ausgewogen, interessant und wohlschmeckend.
Derweil brutzelt in der Pfanne bereits Lachs für den nächsten Gang. Daneben, in einer weiteren Pfanne, rösten verschiedene Gewürze und Tee.
Wenig später auf dem Teller hat man dann teegerauchten Lachs auf Wasabi-Gurken-Salat. Der Lachs hat sich dabei ganz wunderbar das Raucharoma einverleibt, doch leider übertönt der Wasabi (unter anderem als knuspriger Kräcker) ein wenig die Finesse des Fischs. Dennoch gut!
Subtil, elegant und wirklich hervorragend ist dann wieder das nächste Gericht, rosa gebratenes Iberico-Schweinefilet mit Auberginencroutons und Barba di Monaco, gelben Blüten und weißem Trüffel. Das ist ganz einfach wunderbar! Auf dem Tisch stehen mittlerweile ein 1988 Château Gruaud Larose sowie ein 2006 Cornas von Auguste Clape; eine kleine Parallelverkostung hat schließlich noch nie jemandem geschadet.
Ein Dessert fällt heute aus, doch wer würde angesichts dieser Menüfolge jetzt etwas vermissen? Zufrieden sacke ich etwas tiefer in meinen Stuhl und erhebe schwenkend mein Glas auf den Koch. Bis bald mal wieder in Eimsbüttel!