Theo’s – Block-Buster
Man muss über einiges hinwegsehen, wenn man einen Abend im Theo’s verbringt. Über ein besonders spezielles Publikum beispielsweise, bei dem man überwiegend lieber in Unkenntnis darüber bleibt, was er oder sie so beruflich treiben. Man muss auch über die völlig indiskutable Weinkarte hinwegsehen, die qualitativ und preislich noch schlechter ist als überhaupt keine Weinkarte zu haben. Und man muss über die doch recht biedere Atmosphäre hinwegsehen, die mit Dutzenden Fotos von Brooklyn Bridge & Co. ganz laut nach New York schreit, die Rufe aber noch weit vor der Atlantikküste verhallen. Und wer ganz starke Nerven hat, riskiert einen Blick in die messinggoldene Brasserie Flum des Hotels Grand Elysée, in dem man sich hier ja befindet.
Aber mit dem Publikum muss man nicht interagieren, den Wein kann man selbst mitbringen, und einmal am Tisch niedergelassen, kann man es sich hier schon ganz gemütlich machen.
Dies vorweggeschickt macht das Theo’s sehr viel Wichtiges sehr richtig – und zwar schon seit langem. Das beginnt zum Beispiel bei den Austern, die immer in makelloser Qualität eingekauft und serviert werden, wie heute Abend die Sorten Donegal und Fine de Claire (sechs Stück je 33 €). Auf der eisgekühlten Etagere machen sie eine gute Figur; Essig und Zitrone braucht es dazu gar nicht. (7/10)
Auch der am Servierwagen zubereitete Caesar Salad ist hier zu Recht ein Klassiker. Die Romanasalatblätter werden ganz gelassen; es werden nur knackig frische Blätter ausgewählt. Auch diese bleiben – das ist wichtig – bis zum finalen Anrichten auf dem Teller in einer eisgekühlten Schüssel. Das hausgemachte Dressing ist würzig und cremig, man verzichtet allerdings wegen der Präferenz einiger Gäste darauf, Sardellen darin zu verarbeiten – die gibt es dann optional direkt auf den Salat, ebenso wie frisch gehobelten Parmesan und etwas Macadamianuss. Auf Trüffelcroutons verzichte ich immer, da diese mit guten Trüffeln nichts am Hut haben und die Aromen des Salats nur verschleiern würden. Wie viele miserable Salate man in dieser Stadt essen kann, möchte ich mir gar nicht vorstellen – dieser hier ist einer der besten. (6,9/10)
Und dann gibt es natürlich Steak. Während man etwas weiter stadteinwärts in den mit großem Tamtam neueröffneten Grill-Restaurants noch kräftig üben muss, wie man mit USDA Prime Beef und einem sehr heißen Grill umgeht, gelingt das hier im Theo’s seit jeher. Eigentümer Eugen Block liegt das Fleischerhandwerk bekannterweise im Blut.
Ich bestelle heute, wie immer, das Porterhouse von besagtem Rind aus Nebraska, das Signature-Steak hier schlechthin. Die verfügbaren Größen stehen an einer Tafel, z. B. 900 Gramm für 135 €. Das reicht – mit Beilagen – mühelos für zwei oder drei Personen. (Hier auf dem Foto sind zwei davon.)
Das Fleisch kommt brutzelnd heiß an den Tisch. Vorbild für die Serviermethode, die einen extrem heißen Teller voraussetzt, sind New Yorker Steakhäuser wie Peter Luger (das selbst noch zu Zeiten mit Michelin-Stern nicht so gut war wie das Theo’s). Die Kruste ist sichtbar knusprig und karamellisiert, das Fleisch selbst perfekt medium rare bis medium gegart. Nach der eigenen Präferenz wird hier zwar immer gefragt, aber meine Antwort ist immer dieselbe: die Küche soll es einfach so machen, wie sie es für richtig hält.
Die exzellente Garung im Infrarotgrill bringt die buttrige, nussige Qualität des Fleischs perfekt zur Geltung, und zwar ganz gleich, bei welcher Garstufe. Auch die Beilagen dazu können sich sehen und schmecken lassen: die Pommes Frites sind luftig-knusprig, Möhrchen und Spinat gut abgeschmeckt (ohne Foto). Leider klappt es heute nicht gut mit dem Timing: Die Saucen, u. a. eine letztlich sehr gute Béarnaise, kommen erst fast zum Schluss auf den Tisch – schade, aber bei der Qualität, auf die man sich ganz fokussieren kann, ist das heute kein Beinbruch. (7/10)
Kurzerhand wird noch ein Stück USDA Prime Ribeye nachbestellt (350 Gramm zu 49 €). Das ist auf dieselbe Weise zubereitet und hat subjektiv einen noch höheren Marmorierungsgrad. Man wird in der ganzen Stadt kein besseres Steak auf den Teller bekommen. (7/10)
Ich war bereits dutzende Male im Theo’s essen, auch andere Speisen werden hier auf konstant hohem Niveau zubereitet. Mittelmäßig habe ich hier jedenfalls noch nie gegessen. Dass der Guide Michelin sich zum Theo’s komplett in Schweigen hüllt, ist weder nachvollziehbar noch angemessen. Anderenorts haben solche Restaurants gerne mal einen Stern. Aber, wie gesagt, wir sind ja auch nicht in New York.