Tourniert: The Dining Room, Hamburg
„New York an der Elbe“ verspricht die Website des schlicht, aber selbstbewusst The Dining Room genannten Restaurants in Hamburgs neuem Hotel The Fraser Suites. Man liest weiter, dass der Küchenchef bereits „die Queen verköstigte“ und im „Vier Jahreszeiten“ gekocht hat, wo genau, spezifiziert man nicht.
Da ich gerade erst aus New York zurückgekehrt bin und den gastronomischen Glanz der Metropole schon wieder vermisse, kommt mir ein Restaurant, das sich New York auf die Fahnen schreibt, gerade recht. Dass meine Skepsis unermesslich groß ist, ändert nichts an meiner Neugier.
Das Interieur des Restaurants ist für Hamburger Verhältnisse vergleichsweise spektakulär. Die ehemalige Bibliothek der Oberfinanzdirektion wurde in einen schicken Saal mit stilsicherem Mix aus Art-Deco-Elementen und zeitgenössischem Design verwandelt. Das Restaurant bietet viel Platz ‒ ein krasser Kontrast zur desolaten Buchungssituation an diesem Abend.
Nicht nur die gähnende Leere zerstreut jeden Zweifel, ob man nicht doch gerade am Hudson River sitzt anstatt an der Elbe. Der gesamte Abend ist so weit weg von New York wie die sechstausend Kilometer, die die Städte voneinander trennen.
Ein „Mafia“-Carpaccio vom Galloway-Rind (€ 18) kommt mit halbgetrockneten Convenience-Tomaten, Rauke und einer im Zickzack aufgetragenen weißen Sauce, die penetrant nach Trüffelöl stinkt. Ein Probierhappen bestätigt dann auch am Gaumen alles Üble auf diesem Teller und geht kaum angetastet in die Küche zurück. (5/10)
Ein Sashimi vom Adlerfisch (€ 19,50) macht mit einer ganzen Reihe weiterer Absonderlichkeiten auf sich aufmerksam. Die recht kaubedürftige Textur und die unsorgfältig geschnitten Scheiben des Fischs sind das Eine, das Andere sind die ohne jeglichen geschmacklichen Zusammenhang verwendeten weiteren Zutaten. Zitrusfrüchte ergeben hier zwar noch Sinn (doch warum Orange und Grapefruit?), „geräucherte Wassermelone“ entzieht sich dann aber genauso meinem Verständis wie das muffig schmeckende Getreide sowie eine abstrus große Portion eines „Gurkensorbets“, das ohnehin alles unter sich erschlägt. Und was ist das getrocknete Zeug auf dem Eis? Zum Fremdschämen. (5/10)
Ich spüle die Tristesse mit einem Schluck 2015er Château Phélan Ségur (€ 120) von der insgesamt wenig inspirierten Weinkarte herunter.
Ein bisschen nach New York klingt dann zumindest die „im gereiften Parmesanlaib“ geschwenkte Pasta, wenn man davon absieht, dass man eine solche Prozedur in New York natürlich am Tisch durchführen würde. Table-side preparations sind da nämlich hoch im Kurs. Hier muss man darauf vertrauen, dass das Schwenken in der Küche geschieht.
Die von „Mama“ handgemachten Fettucine (€ 19,50) ‒ um wessen werte Mutter es sich handelt, gibt die Speisekarte nicht preis ‒ sind dann aber gut gekocht, kommen in einer sahnigen, recht flüssigen Sauce mit Pilzen, Tomaten und einem (viel zu großen und „ausgefransten“) pochierten Ei. Dazu kann man grammweise (je € 6,50) schwarzen Trüffel bestellen, ein Akt, der hier mit einer Präzisionswage vollzogen wird. Die zehn Gramm, die der Kellner etwas schwungvoll über die Pasta hobelt, werden später nur als sechs Gramm abgerechnet. Fair, aber der italienische Trüffel eignet sich ohnehin nur bedingt als Aromat für Pasta. Immerhin kein Trüffelöl. Der Teller ist zwar genießbar, aber auch kein Anlass, jemals wieder hier einzukehren. (6,5/10)
Ich kann nicht sagen, dass ich es nicht gewusst hätte. Man kann nur hoffen, dass sich kein New Yorker hierhin verirrt.
Informationen zu diesem Besuch | |
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Restaurant: | The Dining Room (→ Website) |
Chef de Cuisine: | Daniel Thompson |
Ort: | Hamburg, Deutschland |
Datum dieses Besuchs: | 16.01.2019 |
Guide Michelin: | noch nicht bewertet |
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