Le Duc ‒ Meer geht immer
Das Pariser Restaurant Le Duc ist eine gastronomische Institution. Seit über fünfzig Jahren werden hier Fisch und Meeresfrüchte (Gastro-Neudeutsch: Seafood) in legendären Qualitäten aufgetischt. Als aus Hamburg stammender Gast ist dieses Lokal eigentlich das, was das Fischereihafen Restaurant sein könnte, aber leider nicht ist.
Ich wollte schon seit Jahren hier hin, aber die Verlockungen in Paris sind zahlreich. Heute ist es dann endlich so weit. Um 12 Uhr bin ich der erste Gast und hungrig. Beides wird sich schnell ändern.
Die Speisekarte gleicht einer Mischung aus dem Inhaltsverzeichnis eines Lexikons über Meerestiere und einem klassischen französischen Kochbuch; es hilft, der Sprache mächtig zu sein. Die produktfokussierte Karte großartig. Wer schon in der Speisekarte Zutaten sprechen lässt, muss sich das auch erlauben können. Wer bei „Gegrillte Rotbarbe mit Olivenöl“ oder Sole meunière nicht entsprechende Qualitäten abliefert, hätte in Paris nicht schon fünfzig Jahre Bestand.
Auch die Weinkarte ist ein Paradies. Wenn schon die offenen Weine La Chapelle de la Mission Haut-Brion oder Beaune „Clos des Mouches“ heißen, geht es mir einfach besser. Ich weiß dann, am richtigen Ort zu sein. Den Auftakt macht eine coupe de champagne (wir sind in Paris!), ein 2005er „Comtes de Taittinger“ (€ 35), später noch ein Glas von dem bereits erwähnten Burgunder von der Domaine Drouhin (€ 45).
Während ich versuche, aus der Produkt- und Gerichtevielfalt ein schlüssiges Menü zu ersinnen, gelangt ein Amuse-bouche an den Tisch. Es gibt Bigorneau-Schnecken (Große Strandschnecke), die man mit beigefügten Metallstäbchen aus der Schale zieht. Das schmeckt nach Meer, nach Arcachon und der Dune du Pilat, auch, wenn sie vielleicht gar nicht daherkommen. Bilder im Kopf. (6,9/10)
Die erste von mir gewählte Zutat sind Seeigel aus der vom Kellner vorgetragenen Tagesauswahl (€ 30). Die sechs Exemplare stammen aus Galicien und werden ganz pur, bloß aufgeschnitten auf einer Schüssel mit Eis serviert. Seeigel direkt aus der Schale zu essen ist ein seltenes Vergnügen und auch oft ein sandiges. Die „Zungen“, die man mit einer speziellen Gabel herauspickt, sind angenehm kühl und geschmacklich kräftig. Ein puristischer, intensiver Meerestiergenuss. (6,9/10)
Es folgen zwei Gerichte, die ich gleichzeitig servieren lasse. Das eine sind dünne rohe Tranchen vom Wolfsbarsch, die mit Olivenöl, (echtem) Yuzusaft und etwas Pfeffer serviert werden (€ 17). Mit einem solchen Qualitätsanspruch wird aus dieser Art Trendgericht ein authentischer, produktnaher Teller mit sehr ansprechendem Geschmacksbild, das von Frische und Säure geprägt ist. (7/10)
Ebenfalls auf dem Tisch steht Lachs „au naturel“ (€ 25). Das bezeichnet mehrere dicke Scheiben des Fischs, begleitet von gekochten Kartoffeln sowie geröstetem und in Kräuteröl getränktem Brot mit einer Art Aioli. Alles hieran ist wunderbar. Der dichte, enorm fetthaltige Lachs mit wunderbarem Geschmack, das knusprige warme Röstbrot und selbst die schlichten, heißen Kartoffeln als Kontrast zum kühlen Fisch. Ein Wohlfühlgericht par excellence. Und sehr sättigend. (7/10)
Die Kreuzfahrt geht weiter mit Kaisergranat (langoustines vivantes, € 80). Die vier, jeweils längs geteilten, Exemplare sind in Olivenöl, Knoblauch und Zitrone gegart und kommen genauso puristisch auf den Teller. Eine meiner Lieblingszutaten so authentisch genießen zu können, ist eine Freude.
Dazu gibt es bis zur Köstlichkeit karamellisierten Chicorée und eine Schale schmackhaften, auf den Punkt gegarten Vénéré-Reis. Que demande le peuple? — 7/10
Einen Salat mit Fleisch vom Taschenkrebs (€ 40) hatte ich auch noch bestellt. Der ist frisch und von makelloser Qualität (7/10), aber inzwischen vielleicht doch etwas zu viel. Da war der Kellner hinsichtlich einer optimalen Gerichtanzahl vielleicht etwas zu optimistisch. Oder ich habe mal wieder den Hals nicht voll genug bekommen.
Doch zum Teufel mit Genügsamkeit. Das Le Duc ist ein wunderbares Restaurant, ein Paradies für Produktfanatiker und solche wie mich, die sich den ganzen Tag durch die Karte schlemmen könnten. Dass der Michelin hier keinen Stern vergibt, liegt vermutlich am Produktpurismus. Doch gerade den müsste man auszeichnen. Le Duc, eine klare Empfehlung Abseits der großen Namen ‒ und dennoch ganz groß.
Informationen zu diesem Besuch | |
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Restaurant: | Le Duc (→ Website) |
Chef de Cuisine: | Pascal Hélard |
Ort: | Paris, Frankreich |
Datum dieses Besuchs: | 09.02.2019 |
Guide Michelin (F 2018): | Empfehlung |
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