Cheval Blanc – Festanlass Mittagessen
Europas jüngster Zugang unter den Drei-Sterne-Restaurants befindet sich im Hotel Les Trois Rois in Basel. Das Restaurant Cheval Blanc hat an diesem Dienstagmittag den ersten Service des Jahres, und um diese frühe Uhrzeit – es ist zwölf Uhr – kommt mir sogar die Ehre zuteil, der erste Gast zu sein. Ich bin so zeitig hier, weil am Abend bereits ein Tisch in Crissier auf mich wartet (Bericht folgt).
Das Cheval Blanc ist ein Restaurant der alten Schule, so viel steht schnell fest. Kronleuchter an der Decke, silberne Kerzenständer mit langen Kerzen auf jedem Tisch, antikes Mobiliar, Kellner mit Fliege und Hand hinterm Rücken. Das hat heutzutage schon Seltenheitswert. In diesem festlichen Rahmen fühlt es sich ein bisschen so an als sei mein Anlass, hier nur des Essens wegen einzukehren, nicht Anlass genug.
Im Hinblick auf das noch folgende Abendessen wähle in lediglich drei Gänge à la carte, wohl wissend, dass es ohnehin nicht bei drei Speisen bleiben wird.
Tatsächlich eröffnet wenig später eine kühle, aber nicht kalte, Jalapeñomousse das Mittagessen. Die leichte, cremige Textur transportiert sehr angenehm das intensive Aroma der grünen Schoten, deren Schärfe hier gänzlich fehlt. Ein eleganter Anfang. (8/10)
Eine Auster mit Sojaponzu bietet dann ein traumhaftes Geschmackserlebnis von Jod, Ozean, Frische, Gischt und Japan in perfekter Balance. (9/10)
Die nächsten Amuse-bouches sind eine Löffeldegustation mit Thunfischsashimi, Avocado und Radieschen – eine wunderbare Folge zur vorherigen Geschmackswelt (9/10) – sowie ein Reiscracker mit Rindfleisch und Kresse, dem man sein herzhaftes Aroma und seine eindrucksvollen Kontraste zunächst gar nicht ansieht. Wunderbar! (9/10)
Gang eins ist ein Carpaccio von Kaisergranat (auf der Speisekarte übrigens in einem extremen Auswuchs aller falschen Begriffe für dieses Tier: „Langustinos“) mit Bagna Cauda (ca. € 55). Das dünn aufgeschnittene Fleisch mehrerer Exemplare ist hier ergänzt mit einer Creme mit mediterranen Gemüsearomen und Kräutern. Diese originelle Komposition, die ein schönes „Durchmischen“ aller Komponenten erlaubt, hätte das Potenzial, mindestens so exzellent wie die Amuse-bouches zu sein, doch leider schreit das Gericht regelrecht nach einem Schuss Olivenöl, etwas Fleur de Sel und einem Spritzer Limone. Ich habe selten ein Gericht gekostet, bei dem es so offensichtlich ist, was ihm fehlt. So wirkt es leider etwas dumpf und „trocken“. (7/10)
Ein Stück gebratenes Kalbsbries mit Yuzu, Pfeffer und Pilzcreme (ca. € 47) ist dann wieder an der Grenze zur Perfektion. Das kleine, genau richtig portionierte Stück Bries ist heiß und thront in einem wundervollen dunklen Jus, in dem man noch eine herzhaft-erdige Pilzcreme findet. Ein mit Yuzu aromatisierter Schaum und etwas Pak-Choi bieten spannende Kontraste dazu. Wenn das Bries jetzt noch ein paar Röstaromen vorzuweisen hätte, wäre meine 9/10 für diesen Gang zu gering. Aber auch so ist es ungemein wohlschmeckend, heiß und duftend. Große Küche!
Eine Seezunge „petit bateau“ (ca. € 71) ist von überbordender Qualität, perfekt bissfest gegart, dazu noch gespickt und bedeckt mit ätherisch duftenden Périgord-Trüffeln. Die Stücke, für deren Genusszuführung man nur einen Löffel benötigt, hebt man dabei aus einem sahnig-buttrigen, heißen Krustentierschaum. Viel mehr geht nicht. (9/10)
Das Dessert ist ein zylindrisch geformtes Nougatparfait (ca. € 25), dem ich vom reinen Anblick her ein eher mittelmäßiges Geschmackserlebnis unterstelle, doch glücklicherweise irre ich mich. In der Mitte des Röllchens kontrastiert ein Zitronengelee das cremig-nussige Parfait, und vor allem die frischen Haselnüsse obenauf sind es, die mit ihrer wachsweichen Textur und dem frischen Aroma begeistern. Lediglich die baukastenartige Anrichtweise lässt den Gang etwas plump erscheinen, ganz zu schweigen von der dreißig Zentimeter hohen Zuckerstange, an deren Ende ein Stück geschmacksneutrale Folie hängt, vermutlich Silber. In Summe aber sehr gut. (8/10)
Es folgen noch zwei Löffeldegustationen, von denen die eine mit exotischen Aromen, präsenter Säure und mutiger Schärfe (ich weiß nicht, wovon) schlicht grandios ist (10/10) und die andere – knusprig und zitrusfrisch – dann etwas den Gaumen beruhigt (9/10).
Eine Auswahl makelloser Petit-fours, von denen die eine Sorte so perfekt schmeckt wie für ein Kind ein knuspriger Toast mit Nutella, runden dieses exzellente Menü ab. Denn am Ende ist es immer ganz einfach: große Küche braucht hervorragende Produkte, Hitze, Duft, Wohlgeschmack und gutes Handwerk. Wer das sucht, so wie ich, setzt mit dem Cheval Blanc aufs richtige Pferd.
Informationen zu diesem Besuch | |
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Restaurant: | Cheval Blanc (→ Website) |
Chef de Cuisine: | Peter Knogl |
Ort: | Basel, Schweiz |
Datum dieses Besuchs: | 12.01.2016 |
Guide Michelin (CH 2016): | *** |
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