Joël Robuchon Monte-Carlo – Raukefarce
Joël Robuchon, Erfinder der legendären Ateliers und derjenige Gastronom, der die mit den in Summe am meisten Sternen ausgezeichneten Restaurants auf der Welt führt, hatte mich zuletzt häufiger enttäuscht als begeistert. Das (dreifach besternte) Atelier in Hongkong hatte so seine Schwächen, das prätentiöse (und ebenfalls dreifach besternte) Restaurant in Tokio ist ein einziges gastronomisches Disneyland, und das letzte Atelier, das ich besuchte – in London – hat zurecht seinen zweiten Stern verloren. Lediglich Robuchon au Dôme in Macau konnte seinen (drei) Sternen gerecht werden. In den (zweifach besternten) Stamm-Ateliers in Paris war ich dagegen länger nicht, die eigentlich immer ein Garant für vorzügliche Genüsse sind.
Unabhängig von den einzelnen Essen ist es aber in Summe immer ein großes Vergnügen, bei Robuchon zu essen. Im Rahmen seiner unglaublichen internationalen Expansion ist das durchschnittliche Niveau seiner Speisen bemerkenswert. Und dann kam ohnehin eines zum anderen. Ich plante einen Aufenthalt an der Côte d’Azur, wollte auch einen Abend in Monaco verbringen, und da Alain Ducasse sein Le Louis XV gerade aufwändig renovieren lässt, kam mir das bisher noch nicht bekannte Restaurant von Robuchon im Hotel Monopole als Alternative gerade recht.
Es ist wohl überflüssig zu erwähnen, dass es in Monaco immer um Prunk und Luxus geht. Doch so schlimm wie erwartet ist es gar nicht, als ich das Hotel betrete. Im Gegenteil, es ist sogar ziemlich gemütlich. Inmitten einer vorweihnachtlichen Dekoration kann man den Abend schon mal wunderbar bei einem Aperitif an der Bar einläuten. Es gibt tadellose Drinks und zahlreiche Champagner. Ein 2006er Moët & Chandon (€ 26) ist vielleicht kein großer Wein, aber zu ein paar Nüssen gar nicht mal schlecht.
Das Restaurant selbst ist gestalterisch recht altbacken, bereitet aber dennoch große Lust, sich dort an einen Tisch zu setzen. Ich fühle mich an diesem Ort sofort wohl – bis auf eine unerträgliche Kakophonie, die von zwei unterschiedlichen Musikquellen (von der Bar und dem Restaurant) herrührt. Kurz angemerkt ist das Problem wenig später beseitigt.
Die Speisekarte ist ein Eldorado für Produktfanatiker wie mich. Alle Gänge sind nach der Hauptzutat aufgelistet; man hat stellenweise sogar den Eindruck einer alphabetischen Sortierung (das wäre es doch mal!). Neben einer klassischen „Drei-Gänge-Karte“ mit recht kostspieligen Gerichten bis zu € 165 bietet ein Teil mit Verkostungsportionen die Möglichkeit, diverse kleine Gerichte zu probieren – wie in den Ateliers. Einfach ist eine solche Auswahl nie, da alles ansprechend klingt, aber ich nehme die Herausforderung an. Es dauert etwas, bis meine Auswahl steht.
Eine schmackhafte, aber nicht weiter nennenswerte, Kürbissuppe macht den Auftakt, dann geht es los mit Aubergine „en caviar“ mit jungen Gemüsen (€ 18). Dass en caviar, also „als Kaviar“, eine Zubereitungsmethode und keine Fischeier bezeichnet, war mir klar, nicht aber, dass es sich dabei um einen viel zu kalten, massigen Brei handeln würde. Und so jung die Gemüse auch sein mögen, fristen Sie ein ziemlich trockenes und fades Dasein auf der Artischockenpampe. Eine Zumutung. Wenn man in Monaco für 18 Euro nicht viel erwarten kann, könnte man das Gericht ja doppelt so teuer machen, aber dafür auch doppelt so gut, zubereiten. Davon hätte dann jeder etwas. (5/10)
Es geht weiter mit Sardine, grünem Spargel und kandierter Menton-Zitrone (€ 22). Der Fisch ist von guter Qualität, aber das Gericht ist dominiert von einer weiteren undefinierbaren und viel zu kalten Masse (auf dem Foto nicht zu sehen), die keinen Genuss bringt. Von der Zitrone schmeckt man auch nichts. Schade, denn ihre aromatische Säure hätte dem Fisch sicher gutgetan. (6/10)
Steinpilze„à la provençale“ (€ 22) machen der hervorragenden Qualität wegen Freude, ein etwas merkwürdiges Konstrukt mit Blätterteig wirkt dagegen lieblos. Wegen der exzellenten Pilze ist das Gericht jedoch ein Vergnügen. (7/10)
In einer herzhaften, „süffig-italienischen“ Geschmackswelt geht es dann weiter: Artischocke, d. h. ihr Herz in feinen Scheiben, wird in diesem Potpourri begleitet von Tintenfisch, Lardo, Sardellen, Tomaten und viel Thymian (€28). Sehr gut. (7/10)
Bei den Froschschenkeln (€ 28) hatte ich überlesen, dass sie frittiert sind. Das ist zwar eine gängige, aber in den allermeisten Fällen auch unvorteilhafte Zubereitungsmethode. Hier büßen sie dadurch leider fast vollständig ihren zarten Geschmack und die ebenso zarte Textur ein, die man so nur erahnen kann. Eine Petersiliencreme sowie ein paar Alibi-Pfifferlinge und, wie nahezu in jedem Gang bisher, einige Blätter Rauke, bringen das Gericht schließlich auch nicht in höhere Sphären. (6/10)
Bei den hausgemachten Spaghetti mit Alba-Trüffeln (€ 85) und Parmesan ziert jetzt zum fünften Mal Rauke den Teller. Zum fünften Mal fragt man sich, warum.
Davon abgesehen: Obwohl ich nicht der größte Freund der penetrant riechenden weißen Trüffeln bin, ist das erdige, ätherische Aroma dieser überfrischen Exemplare ganz ausgezeichnet. Es reichen ein paar Scheiben, um die gesamte Pasta damit zu aromatisieren. Die Nudeln selbst sind auf den Punkt gegart, aber deutlich zu dick für dieses Gericht. Ich bin etwas verärgert, mich bei diesem hohen Preis darauf eingelassen zu haben. (7/10)
Das Dessert ist dann ein einziger karibischer Traum und könnte mit „Das Parfum der Inseln“ (Le parfum des îles, € 24) kaum treffender benannt sein. Wer schon mal in der französischen Karibik gewesen ist, wähnt sich mit der Kombination von Mango, Passionsfrucht, Rum und Vanille sofort an einen Strand auf Martinique. Köstlich! Mit dieser Geschmackswelt kriegt man mich sowieso immer. (8/10)
Dazu wären doch vielleicht ein paar Blätter Rauke ganz interessant gewesen. Nur so als Kontrast …
Informationen zu diesem Besuch | |
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Restaurant: | Joël Robuchon Monte-Carlo (→ Website) |
Chef de Cuisine: | Christophe Cussac |
Ort: | Monte-Carlo, Monaco |
Datum dieses Besuchs: | 31.10.2015 |
Guide Michelin (F/MC 2015): | ** |
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