Sushi Okuda – sieben Zehntel Japan
Berühmte japanische Sushichefs eröffnen Dependancen in Europa: das ist keine Utopie, sondern ein beginnender Trend. Natürlich funktioniert das nur in den Metropolen Paris und London, wo eine gereiste und interessierte Klientel authentische japanische Küche zu schätzen und zu bezahlen weiß.
So eröffnete im letzten Jahr Mitsuhiro Araki, dessen Sushi-Bar in Tokio drei Sterne schmückten, das Restaurant The Araki in Mayfair; Chef Toru Okuda, dessen Kaiseki-Restaurant Ginza Kojyu in Tokio ebenfalls drei Sterne hält, eröffnete im 8. Pariser Arrondissement, um die Ecke vom Hotel Plaza Athénée, gleich zwei Restaurants nebeneinander. (Wenn ich so darüber nachdenke, könnte man also Alain Ducasse und die beiden Okudas alle hintereinander besuchen, ohne sich dabei großartig deplatzieren zu müssen. Eine reißerische Idee fürs nächste Mal!)
Sushi Okuda – im Gegensatz zum etwas länger geöffneten Okuda nebenan noch ohne Stern – besuche ich an diesem Samstagmittag. Es ist eines der wenigen nennenswerten Restaurants, die in Paris überhaupt am Wochenende geöffnet haben.
Als ich einkehre, fühle ich mich auf Anhieb wie in Japan. Ein langer Tresen aus weichem, hellem Holz, ein Sushi-Chef (Tetsuyasu Kobayashi, ein Schüler Okudas, der ein wenig Englisch spricht) mit weißem Kittel und scharfem Messer – und diese erhabene Ruhe: Für einen solchen Eindruck muss man sonst zehntausend Kilometer zurücklegen. Ein fröhlich stimmendes Gefühl der Vorfreude durchströmt mich.
Ich setze mich an den Tresen, bestelle eine Flasche Saint-Aubin (€ 60, Erzeuger nicht notiert) und könnte kaum gespannter sein. Dass die in Paris erhältliche Fischqualität mit der aus Tokio mithalten kann, ist keine Frage. Dennoch erwarte ich bei weitem nicht dasselbe Niveau wie in Fernost. In dem Mysterium Sushi (Nigiri) gibt es unzählige Stellschrauben, und die Fischqualität ist dabei längst nicht die wichtigste. Es geht vielmehr um die perfekte Ausführung eines Handwerks, für das man Jahrzehnte braucht, um es auf höchstem Niveau zu beherrschen. Der freundliche junge Kerl hinterm Tresen hat noch einige davon vor sich.
Eine Speisekarte gibt es nicht; ich habe auch keine erwartet. Das Mittagessen kostet € 95 und beginnt zunächst mit zwei Kleinigkeiten. Diese werden auf einem Tablett vom benachbarten Okuda hergebracht.
Nummer eins ist eine warme Kreation mit Taschenkrebs, die angenehm nach Meer schmeckt. Der Dashi-Sud weckt genüssliche Erinnerungen an Japan. Ein sehr schöner Einstieg! Nummer zwei ist ähnlich gut, es gibt in einem kleinen Schälchen ein kühles, salzbetontes Ensemble mit, unter anderem, roher Scholle, Seeteufelleber und einem pikanten Gelee. Sehr gut!
Und dann geht es los mit dem, worum es hier eigentlich geht. Tetsuyasu-san wechselt schlagartig seine Miene und wirkt fortan vollkommen konzentriert. Er tischt auf:
Seezunge
Tintenfisch
Makrele
Tunfisch (Akami, geringer Fettgehalt)
Eine weitere Makrelenart
Lachs
Seeaal
Lachsrogen
Japanische Teppichmuschel
… sowie Tamagoyaki (Omelett) und eine Flan-ähnliche Süßspeise.
Das Niveau ist unmissverständlich. Das hier ist authentisches Sushi auf hohem Niveau, das in Europa ganz sicher seinesgleichen sucht. Was die Frage nach den Unterschieden zu Sushi aus Japan betrifft, fällt die Antwort dennoch eindeutig aus: sie sind groß. Der Reis ist hier etwas anders (größere Körner, etwas klebriger, recht säuerlich), dem Fisch fehlt der funkelnde Glanz; die Stücke sind nicht immer perfekt geschnitten; der Aal war etwas trocken … Aber immerhin wird hier schon an den Stellschrauben gedreht. Paris: nun auch Ziel für Japan-Hungrige Nimmersatte. Ein Zehntel so weit entfernt, ein Zehntel so günstig erreichbar – aber schon sieben Zehntel so gut!
Informationen zu diesem Besuch | |
---|---|
Restaurant: | Sushi Okuda (→ Website) |
Chef de Cuisine: | Tetsuyasu Kobayashi |
Ort: | Paris, Frankreich |
Datum dieses Besuchs: | 21.02.2015 |
Guide Michelin (F 2015): | (noch nicht bewertet) |
Meine Bewertung dieses Essens |