Le Gaïac – Spitzenküche auf Saint Barths
Bei meinen Reisevorbereitungen für meinen Urlaub nach Saint-Barthélemy hat es nicht lange gedauert, um herauszufinden, wo man das vermutlich anspruchsvollste Restaurant der gesamten französischen Antillen findet. Man findet es im Hotel Le Toiny, im höher gelegenen östlichen Teil der Insel von Saint Barths.
Im nach einer Baumart benannten Hotelrestaurant Le Gaïac kocht Stéphane Mazières, seines Zeichens „Grand Chef Relais & Châteaux“; eine Auszeichnung, die üblicherweise mit zwei bis drei Michelin-Sternen gleichzusetzen ist. Da der Michelin jedoch keine Wertungen in den französischen Überseedepartements vergibt, habe ich es mir selbst zur vielversprechenden Aufgabe gemacht, das Küchenniveau hier zu erkunden.
Das Le Toiny ist eines der geschmackvollsten Hotels, die ich kenne, zumindest schon mal was den Restaurantbereich betrifft, der zu einer Seite komplett offen ist und den Blick auf einen farbig illuminierten Swimmingpool freigibt – und theoretisch auch auf ein atemberaubendes Klippenpanorama. Leider ist es hier ab 19 Uhr schon stockfinster, weshalb es so aussieht als endete die Welt hinter diesem Pool.
Doch selbst wenn. Der letzte Stopp vorm schwarzen Nichts ist äußerst gemütlich. Viel weißes Holz, indirekte Beleuchtung, einige pastellfarbene Akzente und zurückhaltendes maritimes Dekor kennzeichnen die edle Atmosphäre des luftigen Restaurants. Eine angenehme laue Brise nimmt dem tropischen Klima seine Schwere.
Bei einem Rum-Cocktail blättere ich in der Karte, die diverse vielversprechende, produktbetonte Gerichte preisgibt. Eine Entscheidung ist ob der gebotenen Vielfalt nicht leicht, doch nach einigen Minuten meistere ich die Herausforderung und wähle zunächst zwei Entrées und einen Hauptgang.
Als Auftakt gibt es ein paar Häppchen mit Zwiebel und Bacon; Foie Gras und Spekulatius; sowie eine Art Trüffel-Madeleine … alles nicht mehr als okay.
Das Niveau zieht an mit dem zweitenAmuse, Thunfischtartar mit Paprika und Mandel, das sehr gute Ingredienzen zur Schau stellt und feine Aromen preisgibt. Ein exzellentes, leichtes Häppchen!
Meine erste Vorspeise wird unter einer mit Rauch gefüllten Cloche serviert, der beim Anheben eine betörend rauchig duftende Wolke entweicht. Auf dem Teller findet man dann Langoustine en raviole de pomme de terre, crème d’asperge fumée (€ 26), also Kaisergranat in Ravioli, dazu eine separat angegossene Creme aus geräuchertem grünen Spargel. Etwas Erbsenkraut ziert den Teller.
Das Gericht ist wunderbar. Die Aromen sind perfekt aufeinander abgestimmt, der Kaisergranat ist von Weltklassequalität, und die dezente Räuchernote gibt allem etwas Tiefe. Ein Schmaus!
Weiter geht’s mit Œuef poché, mousse au cumin, chatrou et coulis d’orange (€ 27). Fast ungläubig nehme ich wahr, wie wohlschmeckend dieses Gericht ist. Knusprig gegrillte, meerig-salzige Mini-Oktopusse, dazu ein Püree mit orientalisch akzentuierter Orangensüße, und das alles zu einer riesigen Ergötzlichkeit zusammenfüge Eigelb … einfach grandios! Eine für mich vollkommen neuartige Kombination von Aromen in einem herrlich süffigen Ensemble. Mehr Genuss geht kaum!
Klassisch wird vor dem Hauptgang etwas Kühles serviert, in diesem Fall ein Granité mit schwarzer Johannisbeere und Mandelschaum, das oben salzig und lauwarm, unten süß und eiskalt ist. Ein sehr gelungenes Intermezzo, das mit seinen Kontrasten auch gut aus Adriàs Feder hätte stammen können.
Mein Hauptgang ist ein scharf angebratener Wolfsbarsch, dazu verschiedene Spargel, Quinoa-Risotto und Zitronatzitrone (Bar de ligne, snacké, risotto de quinoa bio, asperge verte, perfum cédrat, € 42). Auch dieser Teller sieht nicht aus wie ein Kunstwerk, muss er aber auch gar nicht, bei der Qualität. Der Fisch ist makellos, und gefällt mir sogar scharf auf der Haut gebraten äußerst gut. Dazu das knackige Gemüse und etwas Texturspiel – fertig ist ein leichtes, mediterranes Gericht, das mundet.
Der Fisch, das Ambiente, die Karibik; dazu ein hervorragender 2009 Chablis Grand Cru „Grenouilles“ von La Chablisienne … La vie est belle!
Im Rausch dieses Hochgefühls ist es dann zwar irritierend, aber nicht so schlimm, dass das Dessert völlig misslungen ist. Cigare au cognac, glace au lait, crème cacahuète („Zigarre“ mit Cognac, Milcheis, Erdnusscreme – € 18) wird ebenfalls unter einer Cloche serviert, aber der Rauch macht die unter normalen Umständen bestimmt schmackhafte Süßigkeit so zunichte als würde mir jemand beim Essen den Rauch seiner Zigarre ins Gesicht pusten. (War das vielleicht wirklich Zigarrenrauch unter der Glocke?)
Wie dem auch sei. Die Karibik ist eigentlich auch kein Ort, um große kulinarische Opern zu finden. Das heutige Essen im Le Gaïac war jedoch einer solchen Oper gar nicht so fern, und zwar in einer herrlich erfrischenden und unprätentiösen Weise. Es hat mir so gut gefallen, dass wir zwei Tage später erneut hier einkehren.
Zu meinem zweiten Besuch serviert man zwar dieselben Snacks vorweg, es folgt aber ein anderes Amuse-Bouche, nämlich Lachsrillettes mit Zitronengrasmousse – erfrischend und gut.
Vorweg wähle ich den nach einer interessanten Überraschung klingenden Salat mit Rauke, soufflierter Pizza und geschmolzenem Mozzarella (Salade truffe et roquette, pizza soufflée, mozzarella coulante, € 25), doch der Teller – mit vielen Schäumchen, Blüten und Raukestängeln – ist leider trocken und belanglos.
Ohne einen der „Hausklassiker“ verkostet zu haben, wollte ich die Insel hier nicht verlassen, und somit steht jetzt ein überaus unfranzösischer und unkaribischer Teller vor mir, doch herrje ist das lecker! Die im Parmesanlaib geschwenkten hausgemachten Spaghetti mit schwarzen Trüffeln (Spaghetti aux truffes noires et parmesan dans la meule, € 45) sind schwer, cremig, süffig, herzhaft und kontrastieren die leichte, fischbetonte Küche der letzten Tage. Köstlich und beglückend.
Den Desserts wollte ich dann allerdings keine weitere Chance geben.
Meine Zusammenfassung ist eigentlich recht einfach. Trotz einiger Schwankungen des kulinarischen Niveaus am Tisch verbrachte ich hier zwei genussreiche Abende mit vielen überaus begeisternden Gerichten – in einem der schönsten Restaurants, die ich kenne, und zweifellos auch dem besten der Insel. Definitiv ein Pflichtbesuch auf Saint-Barths! Oder auch zwei.
Informationen zu diesem Besuch | |
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Restaurant: | Le Gaïac (→ Website) |
Chef de Cuisine: | Stéphane Mazières |
Ort: | Saint-Barthélemy, Frankreich (franz. Antillen) |
Datum dieser Besuche: | 19.04.2013 und 21.04.2013 |
Meine Bewertung dieser Essen | und |