Bartholomeus

Eine architektonische Anstößigkeit reiht sich an die andere. Kilometerweit ist nichts zu sehen außer brauner Betonklötze, die mit ihren schießschartenähnlichen Fenstern deprimiert auf das Meer starren. Wir sind im belgischen Küstenort Knokke-Heist. Schön ist anders. Der graue Himmel an diesem beißend kalten Februartag ist sogar das Einzige, das dieser fremdartigen Kulisse eine Berechtigung zu geben scheint.

Das von außen unscheinbare Restaurant Bartholomeus befindet sich direkt an der Strandpromenade, die diesen Begriff nicht verdient. Das kleine Restaurant begrüßt den Gast mit einem modernen, hellen Ambiente und einer großzügigen Fensterfront. Einige Bilder an der Wand im Comic-Stil beleben den Raum noch ein wenig mit Farbe, wirken auf mich jedoch merkwürdig infantil. Dennoch – man fühlt sich wohl hier und ist froh, die verstörende Strandkulisse nur noch aus dem Fenster zu betrachten, während man endlich an einem entspannenden Glas Champagner nippt (€ 14).

Die Speisekarte ist fischlastig, doch auch der Fleischliebhaber kommt mit Lamm- und Wagyu-Gerichten nicht zu kurz. Auffällig ist das für ein Ein-Sterne-Restaurant recht hohe Preisniveau, das mit durchschnittlich (ich habe mir mal die Mühe gemacht) knapp über € 50 pro Gang recht ordentlich zur Kasse bittet. Das dreigängige Mittagsmenü ist dagegen mit € 35 nicht nur äußerst fair, sondern in Summe sogar günstiger als jedes einzelne A-la-carte-Gericht. Und da in wenigen Stunden bereits der Hof van Cleve auf uns wartet, kommt das leichte Menü ohnehin gerade recht.

Das sodann gereichte Amuse-Bouche besteht aus drei Schälchen. Im linken eine Komposition mit Kalb und Tomate, in der Mitte spielt Lachs die Hauptrolle und rechts sind einige salzige Knabberstangen zu finden. Die Aromen sind klar, es ist alles gut gewürzt, angenehm herzhaft und „frisch“. Ein angenehmer Auftakt.

Der erste Gang des Menüs, Merlan / Pata Negra, olives, moutarde, rucola, besteht unter anderem aus einem Carpaccio vom Wittling (Merlan), einigen gefüllten und mit Pata-Negra-Schinken umwickelten Röllchen, Olivenbröseln und etwas Rauke. Das aromatische Gesamtbild ist etwas undifferenziert. Die einzelnen Komponenten sind schwer auszumachen, und vom Wittling bekommt man nicht besonders viel zu sehen. Dennoch ist das Ganze von anstandsloser Qualität.

Gang zwei, Cabillaud / champignons, chou-fleur, oignons, beure noisettes, ist sehr frischer und gut gegarter Kabeljau, der mit einer Creme von Blumenkohl, Lauchzwiebeln, kleinen Champignons und Nussbutter serviert wird. Für einen texturellen Kontrast sorgen ein paar salzige, krosse Waffelchips. Leider fehlt es dem Gericht merklich an Salz, und auch der Buttersud kann aromatisch nicht so recht helfen. Eine gute, herzhafte Sauce hätte den Fisch besser in Szene setzen können. So aber bleibt das Gericht etwas unterhalb seiner Möglichkeiten. Dennoch gut.

Das Dessert, Sable Breton / yaourt, ananas, kann überzeugen. Hervorragend zubereitetes Joghurt- und Ananas-Eis, dazu Vanille- und Passionsfruchtcreme werden mit einem bretonischen Sandboden serviert. Das Joghurteis bringt dabei eine willkommene Säure mit ins ansonsten süßliche Spiel, und der Sable Breton komplettiert das Genusserlebnis durch eine angenehm feste Textur. Schmeckt köstlich.

In Anbetracht des mehr als fairen Preises für das Mittagsmenü sind die gebotene Vielfalt und gute Zubereitung absolut hervorzuheben. Die leichte, frische und schnörkellose Küche macht, trotz einiger Mankos, Lust darauf, die Speisekarte irgendwann noch einmal ausgiebiger zu erkunden. Vielleicht sind die fünfmal so teuren Gerichte sogar fünfmal so gut.

Informationen zu diesem Besuch
Restaurant: Bartholomeus (→ Website)
Chef de Cuisine: Bart Desmidt
Ort: Heist-aan-Zee, Belgien
Datum dieses Besuchs: 11.02.2011
Guide Michelin (BE/LUX 2011): *
Meine Bewertung dieses Essens 7 (Was bedeutet das?)