Tourniert: Casual California – Teil 2
Neben einigen bekannten Spitzenrestaurants bietet San Francisco eine erfreulich hohe Dichte an ungezwungener Alltagsgastronomie auf hohem Niveau. Auffallend ist, dass viele Betriebe schon lange existieren und teilweise Kultstatus genießen. Im Sommer habe ich einige dieser Restaurants besucht. Über diese berichte ich nun im zweiten »Tourniert«-Teil meiner Kalifornien-Reise im Juli.
Inhalt:
Hog Island Oyster Co., San Francisco
Eine prominente Location am Hafen muss keinesfalls immer eine Touristenfalle sein. Sagt auch keiner, lernt man aber so in meiner Heimatstadt Hamburg, für dessen ranzige Gaststätten im Portugiesenviertel sich vermutlich ganz Portugal schämen würde.
An den Landungsbrücken in San Francisco, dem Embarcadero, gibt es als Teil einer Halle mit verschiedenen Lebensmittelhändlern, Souvenirgeschäften und Cafés das Restaurant Hog Island Oyster Co. – eine Institution, auch bei Touristen. Es geht hier turbulent zu, drinnen und draußen herrscht ein reges Kommen und Gehen.
Ich stehe auszuhaltende zwanzig Minuten an, um einen Tisch im Außenbereich zu bekommen. Der ist in jedem Fall zu bevorzugen, um neben einer angenehmen Sommerbrise einen freien Blick auf die Marina, Alcatraz und die Bay Bridge zu genießen, während man in der Karte stöbert. Die ist erwartungsgemäß auf alles aus dem Meer fokussiert (aber nicht limitiert) und beinhaltet diverse Austern in unterschiedlichen Zubereitungen, kleinere und größere Gerichte, Beilagen, Salate, Sandwiches, Burger und mehr. Von den Zutaten an sich sowie aus den Beschreibungen der Gerichte ist ein höherer Qualitätsanspruch abzuleiten.
Ich probiere zuerst verschiedene pazifische Austern der Sorten Hog Island Sweetwater, Hog Island Earthquake Bay – beide aus geschäftseigener Aufzucht – und Salazar (sechs Stück für 21 $, ca. 21 €), alle exzellent. Dazu ein säuerlich-frisches Ceviche von Elefantenrüsselmuscheln (geoduck), ideal kühl temperiert, mit roter Zwiebel, Koriander und kalabrischem Chili-Dressing (17 $).
Eine Portion Clam Chowder (17 $), der an der US-Ostküste beheimatete Klassiker, mit Venusmuscheln, Kartoffeln, weiterem Gemüse und Bacon in einer üppigen, würzig-fein abgeschmeckten Sahnesauce, ist sehr gut, vor allem mit etwas Baguette zum Stippen. Schnell noch ein paar frittierte Sardinen aus San Francisco (10 $) mit würziger Sauce tartare, dazu den Rest eines Glases 2019er Chablis von der Domaine Guy Robin (19 $), und der Mittag ist schon mal in kulinarischer Hinsicht gerettet.
Informationen zu diesem Besuch | |
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Restaurant: | Hog Island Oyster Co. (→ Website) |
Chef de Cuisine: | Abel Padilla |
Ort: | San Francisco, USA |
Datum dieses Besuchs: | 18.07.2022 |
Guide Michelin (California 2021): | Empfohlen |
Meine Bewertung dieses Essens: | |
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A16, San Francisco
Das A16, benannt nach einer Autobahn in Italien, die von Apulien bis Neapel führt, ist ein »Nachbarschaftsrestaurant« in San Franciscos Marina District. Das Restaurant mit rustikaler italienischer Küche existiert seit 2004 und hat an Popularität noch immer nichts eingebüßt, wie ich bei meinem Walk-in feststellen muss. Auf einen Tisch draußen muss ich eine gute halbe Stunde warten.
Aber dann wird es gemütlich. Heizstrahler, eine sehr gute, auf Italien und die USA fokussierte Weinkarte sowie eine appetitanregende Auswahl herzhafter Wohlfühlgerichte machen mir den Mund wässrig.
Zum Start bestelle ich ein paar Oliven (6 $), die in Olivenöl mit Zitrone und Lorbeer mariniert sind und in Form von vier unterschiedlichen Sorten an den Tisch gelangen. Schon das sind erfreuliche Details für einen so simplen Snack. Kleine Fleischbällchen in einer Tomaten-Weißwein-Sauce mit Gran Padano und Basilikum (15 $) unterstreichen die bodenständige, aber sorgfältige Zubereitung hier und liefern genau die richtige Mischung von Hitze und Umami, nach der ich mich heute Abend sehne. Dazu passt ein würziger 2015er Syrah »Dusty Lane« des von mir geschätzten Weinguts Radio-Coteau von der Sonoma Coast (160 $).
Am liebsten würde ich mich durch alle weiteren Antipasti probieren, aber es geht obligatorisch mit Pizza weiter, die im A16 streng nach neapolitanischem Manifest zubereitet wird. Die Pizza vesuvio (22 $) kommt mit Tomatensauce, scharfer Soppressata, Scamorza- und Pecorino-Käse sowie etwas Knoblauch und frischen Chilischoten. Sie ist heiß, hat das für diesen Pizzastil typische »Leopardenmuster« am Rand und ist luftig-weich, aber nicht labbrig – ein scharfer, süffiger Hochgenuss auf hohem Niveau.
Und da ich es nicht einsehe, jetzt schon einen Schlussstrich zu ziehen, kommt noch eine Portion Rigatoncini alla puttanesca (28 $) auf den Tisch, in einer Variante mit Weißem Thun, Kapern, San-Marzano-Tomaten, Gaeta-Oliven und kalabrischem Chili. Mamma mia! So gut kann ein Nachbarschaftsitaliener sein.
Informationen zu diesem Besuch | |
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Restaurant: | A16 (→ Website) |
Chef de Cuisine: | Nicolette Manescalchi |
Ort: | San Francisco, USA |
Datum dieses Besuchs: | 18.07.2022 |
Guide Michelin (California 2021): | Empfohlen |
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Tartine Manufactury, San Francisco
Nach einer ausgiebigen Portion Kunst im SFMOMA fahre ich zur Tartine Manufactury im Mission District. Das Geschäft von Chad Robertson und Elisabeth Prueitt ist längst über Kalifornien und die USA hinaus legendär und wäre mit »Bäckerei« nur unzureichend beschrieben.
Dennoch steht hausgemachtes Brot hier im Mittelpunkt. Das markante Eckgebäude mit viel Industrial-Chic duftet beim Eintreten appetitlich nach Sauerteigbrot und Herzhaftem. Man kann hier viele kulinarische Bedürfnisse befriedigen, von süßem oder gesundem Frühstück über Mittagessen mit teigbetonten Speisen bis zu Kaffee to go oder to stay bis hin zu einer kompletten Bäckerei-Konditorei mit Online-Bestellservice.
Selbst am Tisch bestellt man die Speisen online über ein Shopsystem mit seinem Smartphone – willkommen in der Technologiestadt San Francisco. Ich bestelle ein Grilled Cheese Sandwich (16 $) mit buttrig-krossem, geröstetem Weißbrot und, etwas skurril, einer gekochten Karotte, die saftige Frische liefert. Dazu noch einen Mizuna-Salat mit alten Tomatensorten, knusprigem Wildreis, Melone und Kürbis (16,25 $), und der Plan eines leichten, aber guten Mittagessens geht erfolgreich auf.
Informationen zu diesem Besuch | |
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Restaurant: | Tartine Manufactury (→ Website) |
Ort: | San Francisco, USA |
Datum dieses Besuchs: | 19.07.2022 |
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Bar Bocce, Sausalito
Meinen Appetit auf lässige italienische Küche kann ich hier in Kalifornien fast überall stillen. So auch in Sausalito, dem charmanten Küstenstädtchen in der Nähe von San Francisco.
Wer hier nach einigen Erkundungsspaziergängen hungrig geworden ist, kann beispielsweise in der Bar Bocce einkehren, einer entspannten Strandbar, bei der man an schattigen Plätzen seinen Blick über die Marina schweifen lassen kann.
Ich bestelle zum Start ein Schälchen gebratener Shishito-Schoten mit Zitronensaft und Maldon-Salz (8 $) sowie à la plancha gegrillten Tintenfisch mit pikant gewürztem Couscous, Pinienkernen und Kapern (15 $). Ein 2021er Harken Chardonnay (14 $) passt zur charmanten Einfachheit dieses Orts.
Selbst die Pizza ist anständig und wird nach neapolitanischer Art zubereitet. Ich probiere eine Variante mit würziger Salsiccia, Fenchel, Gorgonzola, Schalotten und roten Zwiebel (19,75 $). Das Ergebnis ist gut, aber nicht vergleichbar mit der Exzellenz eines A16.
Mit einem weiteren ausgiebigen Spaziergang bereite ich mich dann schon mal aufs Abendessen vor. Es wird mexikanisch. Und hier niemals langweilig.
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Restaurant: | Bar Bocce (→ Website) |
Chef de Cuisine: | Robert Price |
Ort: | Sausalito, USA |
Datum dieses Besuchs: | 20.07.2022 |
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