Tourniert: Walk-ins in New York
Ich gebe zu, dass ich mich ungern „treiben lasse“, wenn es um das Aufsuchen guter Essensgelegenheiten geht. Es gibt aber einen Kompromiss zwischen streng durchgetakteten Reservierungen und völliger Planlosigkeit: Walk-In-Optionen. Das bedeutet nichts anderes, als dass ich mir für meine letzte Reise nach New York einige gute Restaurants herausgesucht habe, die sich für eine spontane Einkehr eignen könnten, speziell zum Lunch. Letztlich habe ich alle Optionen so wahrgenommen wie angedacht, aber ‒ das wird man mir nachsehen müssen ‒, das war für mich schon Abenteuer genug.
Aus dem Staunen kaum hinaus komme ich gleich am zweiten Tag in der Schlemmermeile Mercado Little Spain. Untergebracht in dem Areal der Hudson Yards, in denen auch Thomas Keller den TAK Room betreibt, hat ein weiterer amerikanischer Stargastronom, José Andrés, ein Gastronomiekonzept umgesetzt, das sich vollständig der spanischen Küche widmet.
Das bedeutet Essstände wohin man sieht, Schinken, die von der Decke baumeln, spanisches Design, Seafood, Fleisch, Tapas aller Art, Avantgarde, Churros, Tagesbars ‒ ein Paradies für Liebhaber iberischer Köstlichkeiten.
Zunächst ist das Angebot etwas überfordernd. Im nachweihnachtlichen Gewimmel ist es hier brechend voll, ich habe Mühe, auch nur einen der Essstände zu erreichen. Es gibt auch Restaurants mit klassischen Sitzplätzen (Leña, Mar, Spanish Diner), aber für ein paar Snacks sind die fünfzehn „Kiosks“ die authentischere Wahl. Am Tresen des La Barra, zum Beispiel, fühle ich mich wie am legendären El Quim de la Boqueria in Barcelona ‒ mit dem Unterschied, dass man hier geseated wird und sich nicht dem Platz erkämpfen muss.
Ich bestelle „Aceituna-s“, die legendären sphärisierten Oliven nach Ferran Adrià für umgerechnet € 2,30 pro Stück (witzigerweise derselbe Preis wie im Tickets in Barcelona). Die am Gaumen aufplatzenden Oliven sind ein intensives Genussvergnügen (7,5/10). Auch ein scheinbar simples Tomatenbrot, mit luftigem, knusprigem Weißbrot und himmlischem Tomatenaufstrich (€ 4,50), ist in allen Details so perfekt, dass ich die Augen schließe. Sterneniveau! (7/10)
Ein genauso guter Teller mit heißen, gebratenen Garnelen, Olivenöl und Knoblauch (€ 14,50) ist geschmacklich ebenfalls so fein justiert und mit vorbildlichen Produkten umgesetzt, dass ich mich am liebsten durch die ganze, immens appetitanregende Speisekarte schlemmen würde. (6,9/10)
Informationen zu diesem Besuch | |
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Restaurant: | La Barra (Mercado Little Spain) (→ Website) |
Ort: | New York City, USA |
Datum dieses Besuchs: | 27.12.2019 |
Guide Michelin (New York City 2020): | noch nicht bewertet |
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Während eines längeren Spaziergangs von SoHo nach Midtown verwandeln sich die charmanten Backsteingebäude auf einmal in Wolkenkratzer aus Stahl und Glas. Aus Straßen mit Namen werden Straßen mit Nummern, und an manchen Stellen, blickt man in den Avenues gen Norden, blitzt schon die Idee des Central Park auf.
Da kann man schon mal Appetit bekommen, auch, wenn es erst kurz nach 11 Uhr ist. Immer noch nicht richtig in der Zeitzone angekommen, ist das eine perfekte Zeit für ein Lunch. Danach hat man noch genug Zeit, für eine Reservierung am Abend wieder hungrig zu werden.
Da New York eine famose Stadt ist, um Pasta zu essen (z. B. Babbo, Marea, Frenchette (s. u.), All’Onda u. v. m.), habe ich mir in Midtown das Ai Fiori ausgesucht. Die Gastronomie-Institution von Michael White befindet sich im The Langham Hotel an der 5th Aveue im ersten Obergeschoss. Gerade solche Ideen ‒ zum spontanen Lunch im Sternerestaurant eines spießigen Luxushotels einzukehren ‒, sollte man in Manhattan keinesfalls verwerfen!
Sonst würde man so eine süffige Pasta verpassen ‒ ganz entspannt am Tresen genossen ‒ wie die hausgemachten Campanelle mit einer scheinbar trivialen Tomatensauce, Parmesan und Basilikum (ca. € 33). Die Tomatensauce ist süffig und dicht, die perfekt gekochte Pasta macht sogar ein schmatzendes Geräusch, wenn man den Löffel eintaucht. Am Gaumen dann ein ganzer Gangster-Film von Martin Scorsese. Großes Kino! (7/10)
Informationen zu diesem Besuch | |
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Restaurant: | Ai Fiori (→ Website) |
Chef de Cuisine: | Michael White |
Ort: | New York City, USA |
Datum dieses Besuchs: | 28.12.2019 |
Guide Michelin (New York City 2020): | * |
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Im Süden Manhattans wiederum macht derzeit ein anderes Restaurant von sich reden. Das Frenchette ist eine Art Hybrid aus Brasserie, Bistro und Bar, einerseits sehr Französisch, andererseits sehr New York-esque. Wenn man sich in den USA französischer Gastronomie widmet, wird daraus selten ein Klischee ‒ was man ja befürchten könnte. Oft wird daraus etwas sehr Ansprechendes, das man in Frankreich länger suchen müsste (vgl. Le Coucou, Bouchon u. a.). Ein bisschen Paris ohne die hektische Arroganz.
Das Frenchette ist in zwei Bereiche aufgeteilt, ein recht großer Speisesaal mit minimalistischem Brasserie-Flair, und einem vorderen Bereich mit Bartresen, weiteren Sitzgelegenheiten und Lichteinfall von außen.
Von der Bar-Karte würde ich am liebsten alles bestellen. Es bleibt bei zwei Gerichten und zwei Gläschen von der „Naturwein“-Karte, beide nicht so ganz nach meinem Gusto.
Austern aus Maine sind dann von fabelhafter Qualität, mit einem flüchtigen Geschmack nach Meeresbrise, nichts Überforderndes (€ 24). Dazu gibt es eine Sauce Mignonette und Chipolata-Würstchen, eine beliebte Vorspeisenkombination aus Aquitanien. Zwischen solchen Genüssen und der Spitzengastronomie brauche ich nicht viel, um kulinarisch glücklich zu sein. (7/10)
Spaghetti aus Weizen (€ 22) kommen in einer süffigen Sauce mit Zitrone, Bottarga und etwas Petersilie. Der rustikale Geschmack der Weizennudeln wird wunderbar von der säurebetonten, sonnigen Sauce kontrastiert. Einfach und fein. Bei solchen Gerichten geht mir das Herz auf. (7/10)
Informationen zu diesem Besuch | |
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Restaurant: | Frenchette (→ Website) |
Chefs de Cuisine: | Riad Nasr & Lee Hanson |
Ort: | New York City, USA |
Datum dieses Besuchs: | 30.12.2019 |
Guide Michelin (New York City 2020): | empfohlen |
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